Warum sind Kunden loyal und wie können wir die Loyalität der Kunden erhöhen? Diese Fragen stellt sich wohl fast jedes Unternehmen. Bereits im 2015 hat Maritz Motivation (https://www.maritzmotivation.com/) auf Basis einer breit angelegten Studie zur Markenloyalität das “4D-Loyalty Framework“ entwickelt, welches zwischenzeitlich zum „Multi-Loyalty Framework” weiterentwickelt wurde. Das Framework beschreibt vier Arten der Kundenbindung anhand der folgenden zwei Achsen:
Inertia Loyalty (Deutsch: Trägheits-Loyalität) Bei dieser Art von Loyalität sind Kunden loyal, weil ein Wechsel zu viel Aufwand bedeutet, aufgrund einer vertraglichen Bindung oder schlichtweg mangels Alternativen. Typische Beispiele sind Vertragsbindungen bei Mobiltelefonie- oder Versicherungsunternehmen, Abo-Modelle oder Direktflüge, welche nur von einer Airline bedient werden. Unternehmen mit dieser Strategie agieren oftmals mit aggressiver Kundenakquisition und investieren nicht viel in Massnahmen zur Entwicklung und Stärkung der Kundenbeziehung. Ein weit verbreitetes Beispiel sind attraktive Neukundenrabatte bei Mobiltelefonieanbietern. Häufig sehen langjährige Bestandskunden die einzige Möglichkeit, einen Vorteil zu erzielen, darin, mit dem Wechsel zu einem Konkurrenten zu drohen. Die grösste Schwäche bei dieser Art von Loyalität besteht darin, dass die Kundenbindung nur aufrecht erhalten werden kann, solange die Wechselbarriere besteht. Fällt diese weg, bleiben keine Argumente übrig, um die Kundenbeziehung aufrechtzuerhalten, und der Kunde wird offen für Konkurrenzangebote. So kann plötzlich ein Konkurrent mit besserem Service der Airline auf der Flugstrecke die Passagiere streitig machen oder eine Marktregulierung lange Vertragsbindungen untersagen. Bedeutet dies nun dass Inertia Loyalty keine Option darstellt? Doch, aber nur wenn sie als taktisches und nicht als strategisches Element eingesetzt wird. Als strategischer Ansatz zur Kundenbindung ist diese Art von Kundenbindung einfach zu anfällig für Veränderungen im Markt, wie beispielsweise die Auswirkungen von Uber auf die traditionellen Taxiunternehmen oder von Airbnb auf die Hotelindustrie gezeigt haben. Als taktisches Instrument, insbesondere zu Beginn des Kundenlebenszyklus, wenn das Risiko der Kundenabwanderung oft am höchsten ist, kann Inertia Loyalty durchaus ein effektives Mittel sein. Beispielsweise ermutigen viele Banken ihre Neukunden dazu, E-Banking und Online-Rechnungen einzurichten, mit dem Ziel dadurch Wechselbarrieren aufzubauen. Aus der strategischen Perspektive betrachtet, sollte das Ziel einer Marke aber darin bestehen, diese Art von Loyalität hinter sich zu lassen und den Kunden einen echten Mehrwert zu bieten. An dieser Stelle kommen die weiteren Quadranten des Multi-Loyalty Framework ins Spiel. Mercenary Loyalty (Deutsch: Söldner-Loyalität) Kunden sind bei diesem Quadranten des Multi-Loyalty Framework loyal, weil sie Geld sparen können. Das Unternehmen "erkauft" sich quasi die Treue des Kunden durch direkte Rabatte oder Bonuspunkte, welche in Gutscheine oder Sachprämien umgetauscht werden können. Verglichen mit der Inertia Loyalty interagieren Kunden bei der Mercenary Loyalty aktiv mit der Marke, weil sie sich informieren aber auch engagieren müssen um Rabatte oder Bonuspunkte zu erhalten. Die Mercenary Loyalty ist die weitverbreitetste Art von Loyalität und beispielsweise in Form von Punkte- oder Rabattprogrammen bei vielen Detailhändlern anzutreffen. Wie der frühere Beitrag zu den Schlüsselfaktoren für erfolgreiche Kundenbindungsprogramme in diesem Blog bereits aufgezeit hat, sind rationale Faktoren heute (noch) die zentralen Treiber in Kundenbindungsprogrammen und dominieren die emotionalen Faktoren. Die „erkaufte“ Loyalität steht demnach heute immer noch stark im Fokus. Auf Englisch lässt sich dies kurz und prägnant beschreiben: most brand loyalty is still being bought, rather than earned. Warum sind Belohnungen ein wichtiges Element im Rahmen von Kundenbindung? Hier kommt das sozialwissenschaftliche Prinzip der Reziprozität ins Spiel. Einfach ausgedrückt geht es dabei um die altbekannte Formel "Wie du mir so ich dir", oder auch "Eine Hand wäscht die Andere". Wird ein Kunde von einem Unternehmen belohnt, erhält er ein Geschenk oder eine kleine Aufmerksamkeit, gibt ihm dies das Gefühl dass er sich "revanchieren" sollte und er tätigt den nächsten Einkauf wieder beim gleichen Unternehmen. Kleine Geschenke und Aufmerksamkeiten erhalten nicht nur die Freundschaft. Sie schaffen unbewusst und auf subtile Art und Weise Verbindlichkeiten, derer wir uns nur schwer entziehen können. Dies liegt daran, dass wir unweigerlich ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn wir uns eben nicht für die eben erfahrene Geste in irgendeiner Form revanchieren. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Art “Gefälligkeitsfalle”. Genau dieser Punkt macht die Wirkungsweise der Reziprozität so subtil. Angenommen, Sie stehen mit ihrem Kind an der Fleischtheke im Supermarkt und sind sich zunächst noch unsicher, ob Sie für den heutigen Abend Fleisch einkaufen sollen. Plötzlich reicht die Verkäuferin Ihrem Kind mit einem freundlichen Lächeln eine Scheibe Wurst zum Probieren. Eine nette, klassische Geste. Was glauben Sie? Wie wird sich nun diese kleine Geste der Verkäuferin auf Ihr persönliches Kaufverhalten in diesem Moment auswirken? Wird die Wahrscheinlichkeit, dass Sie nun doch Fleisch an genau dieser Theke, bei genau dieser Verkäuferin erwerben, eher sinken oder steigen? Dies liegt daran, dass durch die Aktion der Verkäuferin eine Art unbewusster Verbindlichkeit geschaffen wurde, derer wir uns nur schwer entziehen können. True Loyalty (Deutsch: Echte Loyalität) Kunden sind loyal, weil sie das Erlebnis rund um das Produkt und den Service lieben. Bestellt man Sportschuhe der Marke „On“ im Internet, kommen diese in einer stylishen schwarzen Verpackung, mit hochwertigem Verpackungspapier, beides natürlich mit der Marke "On" gebrandet, begleitet von einem netten Brief und einer Owner Card, mit persönlicher Owner-ID für die online Registrierung, zu Hause an. Beim auspacken verspürt man Freude und ist positiv überrascht. Hier beginnt True Loyalty. Es geht darum, Wege zu finden, um die Kunden zum Lächeln zu bringen. In diese Kategorie fallen beispielsweise ein ausgezeichneter Kundendienst, ein spezieller Service für die Gold-Kunden oder persönliche Empfehlungen welche den Kunden den Einkauf erleichtern. Wir bewegen uns hier im Bereich der Customer Experience, kurz CX. Dabei umfasst CX die Gesamtheit aller Erlebnisse und Erfahrungen, die ein Kunde während der Dauer der Kundenbeziehung mit einem Unternehmen sammelt. Sie beinhaltet alle individuellen Wahrnehmungen und Interaktionen des Kunden an den verschiedenen Kunden-Kontaktpunkten. Die Customer Experience ist ein ganzheitliches Konstrukt: Sie umfasst mehrere Prozessphasen und bildet die Basis für die Kundenbindung. Die Prozessphasen der Customer Experience werden auch als Customer Journey bezeichnet. Diese geht von der Werbung, zur Webseite über Social Media Kanäle, den Kaufprozess, das Produkterlebnis bis hin zum Kundenservice. Eine gute Customer Experience rückt den Kunden und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt – auf allen Kanälen. Cult Loyalty (Deutsch: Kult-Loyalität) Die bisher aufgeführten Arten der Loyalität sind eher unfreiwilliger oder erkaufter Natur. Der Kunde kann schnell verloren gehen, wenn der Vertrag ausläuft, der Service wegfällt oder finanzielle Anreize ausbleiben. Viel herausfordernder ist es seine Kunden mittels Cult Loyalty an sich binden zu können. Die Kunden sind hier loyal, weil sie das Gefühl haben, dass die Marke teil ihrer Identität ist. Um ein „Wir-Gefühl“ beim Kunden zu erzeugen bedarf es vieler Faktoren: Produkt, Leistung und Service müssen uneingeschränkt stimmen. Zudem muss die Marke auch eine gewisse Anziehungskraft aufweisen. Ein Pionier für diese Art der Loyalität ist Harley-Davidson. So gibt es beispielsweise die Harley Owner Groups sowie zahlreiche Events mit der eingeschworenen Gemeinschaft. Andere Marken in dieser Kategorie sind Apple und Moleskine. Begegnet man jemandem mit dem gleichen Macbook oder Notizbuch fühlt man sich gleich irgendwie verbunden mit dieser Person. Man bekommt das Gefühl, dass man Teil einer exklusiven Gemeinschaft ist. Ansätze zur Schaffung von Community-Loyalität sind beispielsweise eine starke Markenbotschaft und prägnante Markenwerte, Austauschplattformen mit den Kunden oder User-generated-content. Multi-Loyalitätsstrategie zur Optimierung der Kundenbindung Die Kunden für ihre Einkäufe zu belohnen wird eine Marke nur schwer von anderen differenzieren. Es macht durchaus Sinn ergänzende Elemente für True und/oder Cult Loyalty zu schaffen und dadurch die Kundenbindung zu verstärken. So haben die am weitesten verbreiteten Kundenbindungsprogramme in der Schweiz, Migros Cumulus und Coop Supercard, in der Vergangenheit stark auf finanzielle Anreize gesetzt. Weitere Faktoren wie Überraschung, Service, persönliche Wertschätzung und individuelle Relevanz sind aber immer stärker am aufkommen. Beispielhaft können hier das Treue-Geschenkpaket von Coop an die besten Kunden, persönliche Weinempfehlungen bei Mondovino, Servicevorteile wie Passabene oder die Digitale Zahlkarte und Gamification-Elemente wie Shake+Win von Coop Supercard, personalisierte Bons bei Migros Cumulus oder das personalisierte Einkaufen bei myMigros genannt werden.
Vom Ist- zum Soll-Zustand mit dem Multi-Loyalty Framework Der Multi-Loyalitäts-Ansatz erlaubt es den Ist-Zustand des Loyalitätsmanagement zu erfassen und auf dieser Basis eine ganzheitliche Kundenbeziehungsstrategie, den Soll-Zustand, zu erarbeiten. Zu diesem Zweck wird eine Einschätzung der aktuellen Markenpositionierung auf den beiden Achsen Transaktional/Relational und Passiv/Aktiv vorgenommen und eine zu erreichende Soll-Positionierung festgelegt. Anschliessend werden Massnahmen zur Erreichung der Soll-Positionierung ausgearbeitet. Dabei stehen Fragen wie die folgenden im Fokus:
0 Kommentare
Antwort hinterlassen |
Kategorien
Alle
Archiv
Mai 2024
|